13. Nov. 2025Apothekenberatung als Chance

Polyphenole für gesunde Gefässe nach der Menopause

Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleiben die häufigste Todesursache in der Schweiz. Besonders gefährdet sind Frauen nach der Menopause. Neue Erkenntnisse zu gefässschützenden Pflanzenstoffen eröffnen der Apotheke innovative Beratungsansätze.

Apothekerin mit Kundin im Gespräch
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Die Gesundheit des Herzens beginnt bei den Gefässen. Ihre Elastizität entscheidet darüber, wie mühelos das Blut fliesst und wie stark das Herz arbeiten muss. Verlieren die Gefässe ihre Geschmeidigkeit, steigt der Blutdruck, und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall nimmt zu.

Endothel als Schlüssel

Das Endothel reguliert die Gefässweite über die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO), ein Botenstoff, der wie ein natürlicher Entspannungsimpuls auf die Gefässwände wirkt. Bei einer Endotheldysfunktion nimmt die NO-Produktion ab, die Gefässe verlieren an Elastizität, der Blutdruck steigt – der erste Schritt zur Arteriosklerose. Zudem reagieren die Gefässe nicht mehr adäquat auf mechanische Reize, und es kommt vermehrt zu Entzündungsreaktionen, was langfristig zur Bildung arteriosklerotischer Plaques führt.

Vaskuläre Fitness umfasst jedoch mehr als nur Vasodilatation. Es geht um die strukturelle Integrität der Gefässwände, ihre Elastizität und ihre Fähigkeit, sich an wechselnde Anforderungen anzupassen. Chronische Entzündungen und oxidativer Stress verschlechtern diese Parameter massgeblich. Besonders betroffen sind die Mitochondrien in den Endothelzellen. Ihre Schädigung durch oxidative Prozesse – etwa die eisenkatalysierte Oxidation von Zellmembranen – spielt eine zentrale Rolle bei altersbedingten Veränderungen im Gefässsystem. Hier setzen Präventivmassnahmen an.

Frauenherzen: unterschätztes Risiko

Auch bei Frauen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Todesursache Nummer eins – häufiger als Brustkrebs. Das Risikoprofil unterscheidet sich jedoch fundamental von jenem der Männer. Bis zur Menopause bieten Östrogene einen relativen Schutz, doch mit den Wechseljahren entfällt dieser Schutzmechanismus. Der Östrogenspiegel sinkt und das kardiovaskuläre Risiko steigt deutlich an.
Die postmenopausale Frau gilt deshalb als Hochrisikogruppe. Hinzu kommt, dass sich Herzinfarkte bei Frauen oft atypisch äussern. Statt der klassischen Brustschmerzen zeigen sich Übelkeit, Oberbauchbeschwerden oder Halsschmerzen, was häufig zu verzögerter Diagnose und Therapie führt.

Fachleute fordern deshalb genderspezifische Forschung und getrennte Datenauswertung in klinischen Studien. Auch die Patientenaufklärung bleibt zentral. Viele Frauen wissen schlicht nicht, dass ihr Risiko nach der Menopause deutlich zunimmt – und dass sich ihre Infarkt-Symptomatik von der männlichen unterscheidet.

Mediterrane Ernährung als Basis

Lifestyle-Interventionen senken das kardiovaskuläre Risiko deutlich. Die mediterrane Ernährung gilt dabei als Goldstandard, da sie Omega-3-Fettsäuren, Vollkornprodukte und reichlich Gemüse und Obst mit der bewussten Reduktion von Salz und gesättigten Fetten kombiniert. Die Evidenzlage ist ausgezeichnet.

Kakaoflavanole im Fokus

Eine besondere Rolle spielen Polyphenole – sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativen und gefässschützenden Eigenschaften. Während Polyphenole aus Grüntee, Beeren oder Rotwein bereits gut erforscht sind, rücken Kakaoflavanole verstärkt in den wissenschaftlichen Fokus. Diese speziellen Flavanole aus der Kakaobohne steigern die Aktivität der endothelialen NO-Synthase und fördern damit die NO-Bildung im Endothel.

Die EFSA hat für Kakaoflavanole einen Health Claim zugelassen: Ab einer täglichen Aufnahme von 200 mg tragen diese zur Aufrechterhaltung der Gefässelastizität bei. Klinische Studien belegen, dass der Effekt bereits ein bis zwei Stunden nach der Einnahme messbar ist und sich bei regelmässiger Aufnahme über Wochen stabilisiert. Der Wirkmechanismus ist dabei gut verstanden. Kakaoflavanole aktivieren jenes Enzym, das im Endothel Stickstoffmonoxid produziert, wodurch die Gefässe geschmeidig bleiben und der Blutfluss optimiert wird. Präklinische Studien zeigen zudem, dass Kakaoflavanole Mitochondrien vor oxidativen Schädigungen schützen und deren Energiehaushalt aufrechterhalten können – ein wichtiger Aspekt für die Gefässgesundheit im Alter.

Entscheidend für die Wirksamkeit ist allerdings die Verarbeitung. Herkömmliche Schokolade durchläuft intensive thermische Belastungen beim Rösten, wobei ein Grossteil der empfindlichen Flavanole verloren geht. Moderne Kaltextraktionsverfahren hingegen gewinnen diese Pflanzenstoffe schonend aus ungerösteten Kakaobohnen und machen sie in konzentrierter Form verfügbar – ohne den hohen Zucker- und Kaloriengehalt klassischer Schokolade.

Studie mit postmenopausalen Frauen

An der Deutschen Sporthochschule Köln läuft derzeit eine Interventionsstudie, die gezielt postmenopausale Frauen untersucht. In dieser randomisierten, doppelblinden Crossover-Studie erfassen Forschende über acht Wochen den Einfluss eines hochkonzentrierten Kakaoextrakts auf Endothelfunktion, Blutdruck, Entzündungsmarker und weitere kardiovaskuläre Parameter. Die Ergebnisse werden 2026 erwartet.

Omega-3-Fettsäuren bleiben ebenfalls zentral in der kardiovaskulären Prävention. Immer mehr Patientinnen und Patienten suchen dabei aus ethischen Gründen nach pflanzlichen Alternativen zu Fischölpräparaten – ein relevanter Aspekt für die Apothekenberatung, da Polyphenol-basierte Ansätze hier eine sinnvolle Ergänzung darstellen können.

Apothekenberatung als Chance

Apotheken erreichen Patientinnen und Patienten niederschwellig, regelmässig und in einer Vertrauenssituation – ideale Voraussetzungen für die kardiovaskuläre Prävention. Gerade bei Frauen in der Perimenopause oder nach der Menopause kann die Apotheke eine Schlüsselrolle übernehmen, etwa durch Aufklärung über das veränderte Risikoprofil, durch Blutdruckmessungen oder durch die Empfehlung evidenzbasierter Präventionsstrategien.

Die WHO empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate Aktivität pro Woche. Polyphenolreiche Supplemente können dennoch eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn die empfohlene Tagesdosis über die normale Ernährung nicht erreicht wird.

Apothekerinnen und Apotheker sollten zudem aktiv auf geschlechtsspezifische Unterschiede hinweisen. Symptome eines weiblichen Herzinfarkts werden häufig verkannt, viele Frauen kennen ihr erhöhtes Risiko nach der Menopause nicht. Hier ist fundierte Aufklärung gefragt.

Gefässgesundheit ist der Schlüssel zur Herz-Kreislauf-Prävention, und Apotheken sind dafür optimal positioniert. Die Beratung kann evidenzbasiert erfolgen und sollte bei Frauen nach der Menopause das erhöhte kardiovaskuläre Risiko thematisieren. Neue Ernährungsstrategien und gezielte Supplemente eröffnen vielversprechende präventive Ansätze. Die laufende Forschung wird zeigen, wie diese Erkenntnisse künftig noch gezielter in der Praxis eingesetzt werden können.