16. Juni 2025Ginseng, Taigawurzel und Rosenwurz erweitern Therapieoptionen der Schulmedizin

Adaptogene bei Fatigue und Stress

Der Asiatische Ginseng, die Borstige Taigawurzel und die Rosenwurz gehören zur Arzneipflanzen-Gruppe der Adaptogene. Sie stärken die Resilienz und werden klassischerweise bei Müdigkeit, Fatigue und Stress eingesetzt. Ihr Wirkspektrum ist jedoch breiter.

Bestandteile der Rosenwurz gehören zur Arzneipflanzen-Gruppe der Adaptogene.
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Die Schulmedizin kennt nur wenige Optionen für die Behandlung von Müdigkeit, Fatigue und Stress. Zum Einsatz kommen primär stimulativ wirkende Substanzen.

Diese Medikamente haben aber keine nachhaltigen Effekte, weisen ein Abhängigkeitspotenzial auf und können starke Nebenwirkungen haben bis hin zu Psychosen. Öffnet man den alten Schrank der traditionellen Medizin, stehen plötzlich viel mehr Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Adaptogene Pflanzen haben viele Inhaltsstoffe aus verschiedenen Wirkstoffgruppen und damit Multitarget-Effekte. Bekannte Vertreter sind Araliengewächse wie der Asiatische Ginseng und die Borstige Taigawurzel oder Dickblattgewächse wie die Rosenwurz. Für alle drei Pflanzen gibt es vom Komitee für medizinische Pflanzenprodukte (HMPC) der europäischen Heilmittelbehörde (EMA) Monografien für traditionelle Anwendungen.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Zum Einsatz kommen Asiatischer Ginseng, Taigawurzel und Rosenwurz bei Stress, Fatigue, Burnout und zur Burnout-Prophylaxe.

Sie untersützen auch Konzentration und Gedächtnis sowie der körperlichen Leistungsfähigkeit. Alle drei Pflanzen helfen zudem der Lunge: Der Asiatische Ginseng kommt bei Kurzatmigkeit zum Einsatz, die mit Schwäche verbunden ist, die Taigawurzel bei Höhenkrankheit und die Rosenwurz bei Pneumonie.

Das Einsatzgebiet von Ginseng und Taigawurzel beinhaltet ausserdem neurodegenerative Erkrankungen. In China wird die Taigawurzel als Injektion nach einem ischämischen zerebrovaskulären Insult verabreicht. Der Asiatische Ginseng hat einen besonderen Platz in der Rekonvaleszenz, zum Beispiel nach Krebserkrankungen oder während Tumortherapien. Die Pflanze kann zudem den Zuckerstoffwechsel ausgleichen und wird auch zusammen mit einer Diabetestherapie verschrieben. Ein weiteres Anwendungsgebiet von Ginseng ist die erektile Dysfunktion.

Rosenwurz reduziert Stresshormone

Nicht geeignet ist der Ginseng, wenn chronische Fatigue zusammen mit Schlafstörungen auftritt, da er selbst Schlafstörungen verursachen kann. Taigawurzel und Rosenwurz hingegen können auch in dieser Situation gegeben werden. Beide wirken leicht beruhigend. Die Taigawurzel hilft zudem speziell Patienten mit chronischer Fatigue und Rücken- oder Knieschmerzen, die Rosenwurz ängstlichen, depressiven Patienten und Menschen, die in besonders herausfordernden Situationen stehen, die zum Beispiel Prüfungen absolvieren oder vor Publikum auftreten müssen.

Alle drei Arzneipflanzen beugen (Atemwegs-)Infekten vor. Nicht eingesetzt werden Ginseng und Taigawurzel in der traditionellen chinesischen Medizin während eines Infektes. Der Grund: Sie haben in therapeutischen Dosen möglicherweise eine adaptogene Wirkung auf die Infekterreger selbst. In niedrigen Dosen sowie in Kombination mit anderen Arzneipflanzen (z.B. Antiinfektiva) kommen diese Effekte nicht zum Tragen. In der TCM gibt es sogar eine spezielle Kombination aus Taigawurzel, Rosenwurz und Chinesischem Spaltkörbchen für Patienten mit einem Post-Covid-Syndrom oder einer Pneumonie.

Einsatzgrenzen und Sicherheit adaptogener Pflanzen

Die stärkste adaptogene Wirkung auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit hat der Asiatische Ginseng. Etwas geringer sind die Effekte bei den beiden anderen Pflanzen. In der Praxis wird dies kompensiert, indem Taigawurzel etwas höher dosiert und Rosenwurz etwas länger gegeben wird.

Die Nebenwirkungen sind beim Ginseng am ausgeprägtesten. Insgesamt sind sie milde und reversibel. In den HMPC-Monografien wird aufgrund fehlender Studiendaten empfohlen, Ginseng, Taigawurzel und Rosenwurz nicht in Schwangerschaft und Stillzeit und auch nicht bei Kindern einzusetzen. Diese Anwendungs-Einschränkungen kennt die TCM nicht. Eine Fatigue kann allerdings immer ein Symptom einer schweren Erkrankung sein. Diese Differenzialdiagnosen müssen immer ausgeschlossen werden – auch wenn Adaptogene helfen.