Herzglykoside sind alles andere als von gestern
Herzglykoside gehören zu den ältesten Medikamenten in der Kardiologie. Ihr Einsatz bei Vorhofflimmern und chronischer Herzinsuffizienz ist unter bestimmten Bedingungen nach wie vor sinnvoll. Die Auswahl zwischen Digoxin und Digitoxin sollte allerdings individuell abgewogen werden.
Bei den heute eingesetzten niedrigen Dosen von Herzglykosiden steht die positiv inotrope Wirkung nicht mehr im Fokus. Es zählen vor allem die neurohumoralen Effekte: Der Vagotonus steigt, der Sympathikotonus nimmt ab. Dies hat eine negativ chronotrope sowie dromotrope Wirkung zur Folge. Der Sinusknoten wird weniger erregbar und die AV-Überleitung verlangsamt sich. Allerdings wird auch die Refraktärzeit kürzer, sodass das Risiko für supraventrikuläre Rhythmusstörungen steigt.
Die erste grosse Indikation für Herzglykoside ist das tachykarde Vorhofflimmern. Sie werden dann vor allem zusätzlich zu Betablockern oder frequenzsenkenden Kalziumantagonisten eingesetzt. In der ESC-Leitlinie stehen Herzglykoside und Betablocker bei Patienten mit Vorhofflimmern und eingeschränkter Pumpfunktion gleichberechtigt nebeneinander. Betablocker gehören zu den Big Four bei der Prognoseverbesserung der Herzinsuffizienz, es läuft in der Regel also auf eine Kombinationstherapie hinaus.