24. Juni 2021Evidenz für die Allgemeinmedizin

Kompressionsstrümpfe sind wirksame Flugbegleiter

Innenraum eines Verkehrsflugzeugs mit Passagieren in ihren Sitzen während des Fluges.
 iStock/ViktorCap

Kompressionsstrümpfe sollen bei längeren Flugreisen das Risiko für Thrombosen reduzieren.

Der Sommer naht und mit ihm die Urlaubszeit. Auch wenn Flugreisen coronabedingt nach wie vor mit einigen Hürden verbunden sind, freuen sich schon viele Menschen darauf, im Sommer wieder wegzufliegen.

Längere Flugreisen sind aber gesundheitlich nicht völlig unbedenklich. Das Thromboserisiko erhöht sich durch das lange, beengte Sitzen in einem Raum mit geringer Luftfeuchtigkeit um das Zwei- bis Vierfache. Auch individuelle Faktoren wie eine Schwangerschaft oder Blutgerinnungsstörungen erhöhen das Risiko, beim Fliegen eine Thrombose zu entwickeln.

Um gesund im Urlaub zu landen, wird bei längeren Flügen häufig vorbeugend das Tragen von Kompressionsstrümpfen empfohlen. Diese sollen durch einen angepassten Druckverlauf am Bein die Blutzirkulation anregen und somit der Entstehung einer Thrombose vorbeugen.

Evidenz aus zwölf Untersuchungen

Ein Cochrane-Autorenteam wollte wissen, wie sich das Tragen von Kompressionsstrümpfen während eines Fluges im Vergleich zum Nicht-Tragen auf das Thromboserisiko auswirkt.

Das Autorenteam schloss zwölf Studien mit Daten zu 2.918 Personen ein. Acht Studien untersuchten Personen ohne erhöhtes Thromboserisiko, alle anderen fokussierten auf Personen, die bereits ein erhöhtes Risiko für Thrombosen mitbrachten. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden aufgefordert, die Kompressionsstrümpfe (in einer Studie waren es Kompressionsstrumpfhosen) ein paar Stunden vor und während des gesamten Fluges zu tragen. Die Flugdauer betrug in jeder Studie mindestens fünf Stunden.

Reduziertes Thrombose- und Ödem-Risiko

Insgesamt ereignete sich bei 50 von 2.637 Personen, zu denen Daten aus der Nachbeobachtung vorlagen, eine symptomlose tiefe Venenthrombose. Drei davon trugen Kompressionsstrümpfe, 47 trugen keine (Odds Ratio (OR) 0,10, 95 % Konfidenzintervall (KI) 0,04 bis 0,25). Von 1.804 Personen entwickelten 16 oberflächliche Venenthrombosen; vier davon trugen Kompressionsstrümpfe, zwölf trugen keine (OR 0,45, 95 % KI 0,18 bis 1,13).

Das Tragen von Kompressionsstrümpfen reduzierte auch das Auftreten von Ödemen. In der Gruppe ohne Kompressionsstrümpfe hatten die Personen im Schnitt einen Ödem-Score von 6 bis 9 (auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 ein maximales Ödem bedeutet). Personen, die Kompressionsstrümpfe trugen, hatten im Schnitt einen um 4,72 Punkte geringeren Ödem-Score (mittlere Differenz: –4,72, 95 % KI –4,91 bis –4,52).

In keiner der Studien kam es zu symptomatischen tiefen Venenthrombosen, Lungenembolien oder Todesfällen. Unerwünschte Ereignisse durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen wurden ebenfalls in keiner Studie berichtet.

Schlussfolgerung der Review-Autoren

Das Autorenteam schliesst aus der Evidenz, dass das Tragen von Kompressionsstrümpfen oder Kompressionsstrumpfhosen während eines längeren Fluges (ab fünf Stunden) wirksam symptomlose tiefe Venenthrombosen vorbeugen sowie Ödeme reduzieren kann. Das Vertrauen in die Evidenz ist gross, und es ist unwahrscheinlich, dass weitere Studien das Ergebnis ändern werden.

Die aktuelle Studienlage lässt allerdings keine Schlüsse darüber zu, ob durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen auch das Risiko für symptomatische tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien und Todesfälle reduziert werden kann. Hierfür bräuchte es Studien mit wesentlich mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Weiterführende Ergebnisse finden Sie im aktuellen Cochrane Review:
Clarke MJ et al. (2021) Compression stockings for preventing deep vein thrombosis in airline passengers. Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 4. Art. No.: CD004002. DOI:10.1002/14651858.CD004002.pub4.

Dr. Barbara Nußbaumer- Streit leitet das Zentrum Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems.
Foto: Andrea Reischer

Dr. Barbara Nuss­baumer-Streit leitet das Zentrum Cochrane Österreich* an der Donau-Universität Krems.

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