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Beta-Rezeptor-Inhibitoren nach Myokardinfarkt oft unterdosiert

Zu wenig herzliche Blockade

Älterer Mann hebt sich an der Brust weil er Herzschmerzen hat

Derzeit empfehlen internationale Leitlinien nach einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) zur sekundären Prävention einen Betablocker. Solange der Patient sie toleriert, sollen sie bis zur Zieldosis auftitriert werden.

Wie die Umsetzung in der Praxis klappt, untersuchten die Pharmazeutin Christel Bruggmann vom CHUV Lausanne und ihre Kollegen. In ihre Beobachtungsstudie nahmen sie 266 Patienten nach STEMI auf. Insgesamt erhielten 90,8 % mit guter Pumpfunktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion, LVEF, ≥ 40 %) bei Entlassung aus dem Spital einen Betablocker, vor allem Metoprolol. Etwas höher lag mit 93,9 % dieser Anteil bei Kranken mit stark verringerter Leistungsfähigkeit des linken Ventrikels (LVEF < 40 %). Sie zählen zur Hochrisikogruppe, für die der Nutzen der Betablockade besonders gut nachgewiesen ist. Allerdings verschrieben die behandelnden Ärzte in beiden Gruppen meist nur eine niedrige Dosis, ­ d.h.­ weniger als die Hälfte der von der US-amerikanischen Fachgesellschaft genannten Zieldosis.

Die geforderte Dosissteigerung bleibt aus

Nach einem Jahr befragten die Wissenschaftler ihre Patienten telefonisch, welche Medikamente in welcher Menge sie zu diesem Zeitpunkt einnahmen. Besonders interessierten sie sich dafür, ob der weiterbehandelnde Arzt den Betablocker wie empfohlen allmählich auftitriert hatte. Die Antworten sorgten für einige Ernüchterung: Bei mehr als jedem Zehnten (12 %) waren die Medikamente aus unbekannten Gründen ganz abgesetzt worden. Eine Dosissteigerung erfolgte bei weniger als 5 % der Kranken mit geringer Entlassungsdosis, und das galt auch für die Hochrisikogruppe mit niedriger EF. Von ihnen befanden sich gerade mal 10 % im Zielbereich.

Da ist also noch viel Luft nach oben, um die Verschreibungspraxis zu verbessern, resümieren die Autoren, vor allem bei Betroffenen mit stärker geschädigter Pumpfunktion. Über die Gründe für die ausbleibende Hochdosierung lässt sich nur spekulieren. Vielleicht würden schon ausführlichere Entlassungsbriefe aus dem Spital helfen. Darin könnte man die Bedeutung des Betablockers erläutern und erklären, wie man die Dosis langsam über mehrere Wochen hochschraubt. Auch mit Erinnerungen z. B. per E-Mail oder Angeboten für ein Feedback liesse sich die Compliance der Ärzte vermutlich bessern. Leider kostet die Einführung solcher Strategien in die Routine Zeit und vor allem Geld. Als Übergangslösung scheint es sinnvoll, wenn Kliniker ihren Patienten einfach einen Medikationsplan mitgeben, der die steigenden Dosen für die nächsten Wochen aufführt.

Referenz

Bruggmann C. Swiss Med Wkly 2020; 150: w20321; doi: 10.4414/smw.2020.20321.

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